~overstory
Praxis getestet. So schlängelte sich der Mercedes unauffällig durch den hektischen Verkehr einer dreispurigen Autobahn in der Nähe von Paris, oder er brachte seinen Schöpfer ohne Probleme von München nach Odense in Dänemark, 1700 Kilometer weit, 95 Prozent davon vollautomatisch. Trotz ständiger Spurwechsel, trotz Stau und Baustellen mußte Dick-manns nur selten eingreifen. Dick-manns: ,,Aus einem leistungsfähi~ gen, aber blinden und dummen Fahrzeug von heute wollen wir einen sehenden und intelligenten Partner machen.'~ Sein Hauptproblem: Der Pkw-Autopilot ist derzeit nur für Fahrten auf der Autobahn geeignet, denn die ungeheuren Rechenleistungen, die bei einer Stadtfahrt verarbeitet werden müßten, sind mit den heutigen Computerprozessoren einfach noch nicht zu bewältigen. Trotzdem ist Dickmanns überzeugt, daß seinem System die Zukunft gehört:
,,In etwa 20 Jahren wird fast jedes Fahrzeug mit einem elektronischen Chauffeur ausgerüstet sein.~
Lenkrad. Was auf den ersten Blick wie ein kollektiver Selbstmordversuch aussieht, ist in Wirklichkeit Teil des vielleicht ehrgeizigsten Projekts der Automobilgeschichte. Die US-Behörden wollen die ,,automatische Straße~ bauen. Dabei wird das Auto von Computern, elektromagnetischen Sensoren, Tempomat sowie dem GPSSatellitennavigationssystem sicher über die Highways gesteuert.
Nägel mit Mugnetkßpfen. Das Rock-grat des vollautomatischen Verkehrsleitsystems bilden dabei kleine Nägel, die im Abstand von 1,2 Metern in den Asphalt getrieben werden. Jeder Nagel enthält vier Magnete, die als Informationsträger dienen. Sie bilden einen simplen, aber effizienten Code: Südpol nach oben steht für eine Eins, Nordpol nach oben für eine Null. Damit lassen sich beliebige Steuerzeichen für die Bordcomputer der Fahrzeuge codieren. Mehrere Magnete bilden auch kompliziei;te Steuerbefehle, die von empfindlichen Sensoren unter der Stoßstange beim Über-
ständen fahren können. Dadu soll sich die Kapazität der USHighways verdoppeln bis verd fachen. Das Schönste an der ,,a matischen Straße" ist ihr Preis einen Kilometer Autobahn zu Daten~Highway hochzurüste~ benötigt man derzeit nur knal 70.000 Schilling. Ein neuer Au bahnkilometer kostet dagegen günstigsten Fall sieben Millior Schilling. Und die ständige Üb wachung von Straße und Auto auch noch einen für die Volkn schaft höchst erfreulichen Neb aspekt: Die Zahl der Unfille se um 80 Prozent sinken. Gleichz soll sich der Spritverbrauch du den geringeren Luftwiderstand den das Fahren in Kolonnen
auszeichnet, um 30 Prozent vei ringern.
Doch nicht nur innovative ~ senschaftler und Straßenbehör arbeiten bereits mit Hochdru~ Auto der Zukunft. Auch die lTdustrie hat längst das Auto als" objekt zukünftiger Geschäfte ei deckt. Während sich hierzulanc die Privatradiobetreiber und dc
,,In etwa zwanzig Jahren wird fast ledes Auto mit ei
Dio automatische Strafle. Doch so lange werden die Autofahrer gar nicht warten müssen, zumindest wenn es nach den Plänen des ,,National Automated Highway System Consortium" (NAHSC) in den USA geht. Dieses Konsortium, dem Forscher der Universität Berkeley, Autohersteller General Motors und die kalifornische Straßenbehörde sowie weitere sechs Privatunternehmen angehören, will ab 2002 die ,,automatische Straße" in ganz Amerika einführen. Ein erstes Teilstück ist bereits seit über einem Jahr auf der Interstate 15 nördlich von San Diego in Betrieb. Was die Highway Patrol dort täglich zu sehen bekommt, würde in Österreich mindestens zehn Führerscheine kosten. Zehn Buick-Limousinen rasen ohne jeden Sicher heitsabstand dicht an dicht über den Highway. Keiner der Fahrzeuglenker hat dabei die Hände am
fahren sofort an den Bordcomputer weitergeleitet werden. Zusätzliche Informationen kommen aus Sendern und Empfängern am Straßenrand, etwa in Leitplanken, die die Fahrzeuge mit Zentralrechnern verbinden. Diese überwachen den Verkehr und passen die Geschwindigkeit der Autos der jeweiligen Verkehrssituation an. Die Fahrzeuge selbst sind mit Radar, Laserabstandsmessern und Video-kameras ausgerüstet, um Auffahrunfälle zu verhindern und Hindernisse auf der Straße rechtzeitig zu registrieren, damit der Steuer-computer ein Ausweich- oder Bremsmanöver einleiten kann.
Statt stundenlang gestreßt im Stau zu verbringen, sollen sich Amerikas Autofahrer künftig diesen intelligenten Straßen anvertrauen. Die neue Technik lenkt Pkw und Lkw so sicher auf eigenen Spuren, daß sie mit minimalen Ab-
ORF eine beinharte ,,Luftschla( über Wien liefern, um mittels F zeug und Hubschrauber als ersi Staumeldungen über den Äthei senden, werden die Autofahrer Zukunft nicht mehr auf Verkeh anweisungen via Radio angewic sein, so stellen es sich zumindes der Computergigant IBM, Inter net-Browser-Hersteller Netscap Sun Microsystems und Delphi Automotive Systems vor.
Das Netvivork-Vehikel. Auf der die.' jährigen CeBIT haben diese ein flußreichen EDV-Firmen das
,,Network Vehide" vorgestellt. 1 diesem Fahrzeug wurde alles in griert, was die lT-Branche derz an Innovationen zu bieten hat:
Spracherkennung und -ausgab' satellitengestützte Navigations systeme, drahtlose Datenübeitt gung, Internetzugang, Büro- ur Groupware~Anwendungen, Jav,~
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und vieles mehn Auf Basis dieser Technologien kann der Fahrer per Stimme Telefon, Radio und Navigationssystem steuern, sich E-Mails vorlesen lassen oder selbst welche versenden, über das Internet Stau- und Wetternachrichten abrufen oder während der Fahrt an Präsentationen oder der Geschäftskorrespondenz arbeiten. Vom Auto der Zukunft aus läßt sich via Internet auch ein Hotelzimmer reservieren, ein Flug buchen oder die aktuellsten Börsenkurse abfragen.
Das denk.nd. Auto. Doch diese Anwendungen sind erst der Anfang. In Zukunft wird das Diagnose-system des Fahrzeugs per Internet mit dem Zentralrechner des Herstellers kommunizieren, sodaß aufgetretene Mängel oder die Abnutzung von Verschleißteilen schon vor dem nächsten Werk-stattbesuch an den Mechaniker weitergeleitet werden. Im Schadensfall wird der Fahrer zur nächstgelegenen Vertragswerk-stätte navigiert, und die Reparatur
klingt, ist in Wirklichkeit der Eintritt in eine völlig neue Sphäre der mobilen Kommunikation. Schon heute hat die GSM-Technologie das Auto an die weite Welt angekoppelt. Kritiker werden zu Recht bemängeln, daß das Lesen von E-Mails bei Tempo 130 nicht gerade der Fahrsicherheit dienlich ist. Bei Mercedes ist die totale Vernetzung auch primär für Beifahrer und Fondpassagiere gedacht, die so während der Fahrt die elektronische Post erledigen oder einen Tisch für das Mittagsmeeting im nächsten Restaurant bestellen können. Wesentlich wichtiger ist die neue Technologie allerdings für eine zukunftsorientierte Verkehrstelematik. Via Satellitennavigation und GSM werden die wichtigsten Staudaten oder Informationen über freie Parkplätze in das Navigationssystem des Autos eingespeist, und der Fahrer wird nach der Eingabe des gewünschten Zielortes topaktuell durch das Verkehrsgeschehen gelotst. Dabei wird es in Zukunft egal sein, ob er ortskundig ist oder nicht - die
Tarifstrukturen bei den GSM- und Festnetztelefonbetreibern im gesamten FU-Raum geben. Bliebe hier alles bei den heutigen Preisen, wäre ,,Multimedia On Wheels'< bestenfalls ein Spielzeug für einige wenige Vorstandsvorsitzende.
In Kalifornien hat der Wettbewerb der Telefonnetzbetreiber bereits eigene Dienste für den Daten-funk hervorgebracht, denn im Gegensatz zur Sprachkommunikation ist hier kein kontinuierlich hoher Datenfluß notwendig. Die Transferdaten können auslastungsbedingten Schwankungen unterworfen sein, ohne daß das Endergebnis merklich schlechter wird. Das sogenannte Cellular Digital Packet Data System bietet die günstige Abrechnung nach dem Volumen der übersendeten Datenpakete und nicht nach den dafür benötigten Sendesekunden an.
go-go.car.com. Damit wird auch eine Flottensteuerung, vor allem für große Fuhrunternehmen gedacht, via Internet interessant. Was auf dem herkömmlichen Weg ein klei
elektronischen Chauffeur ausgerüstet sein
wird prompt durchgeführt. Hersteller Volvo hat die Vorstufe dieses Werkstattkonzepts der Zukunft bereits installiert. Das gemeinsam mit dem Computerhersteller Hewlett-Packard konzipierte VADIS-Diagnosesystem greift beim Werkstattbesuch auf sämtliche im Fahrzeug gespeicherten Fahrdaten zurück und erleichtert so dem Mechaniker die Diagnose.
Der Blick auf einen kleinen Bildschirm könnte in Zukunft auch die Fahrer eines Mercedes sicher und rasch aus Stau- oder Gefahrensituationen befreien. Im kalifornischen Forschungszentrum des Automobilkonzerns wurde ein Kommunikationssystem entwickelt, das vollständig auf Internet-Technologie basiert, vor allem auf dem TCP/IP-Protokoll. Was vordergründig nach einer konsequenten Weiterentwicklung der WWW- und E-Mail-Technologie
Elektronik sucht den schnellsten und streßfreiesten Weg. ,,Multimedia On Wheels% wie Mercedes-Techniker Akhtar Jameel und Axel Fuchs das System getauft haben, soll in spätestens drei Jahren zur Serienreife gelangen, um dann in alle Fahrzeugtypen eingebaut zu werden.
Spielzeug Multimedia. Natürlich befindet sich ,,Multimedia On Wheels(C noch in einem frühen Anfangsstadium. Bedenkt man die normalen Produktzyklen in der Automobilindustrie, dann ist frühestens in drei Jahren mit ersten Serientypen zu rechnen. Die komplexe Vernetzung der Bordelektronik per TCP/IP wird diese Entwicklung wahrscheinlich noch um weitere zwei Jahre verlängern. Doch diese Verzögerung hat auch ihre Vorteile. Bis die Technologien serienreif sind, wird es geänderte
nes Vermögen kostet, ist dann günstiger als CB-Funk. Via Internet lassen sich weltweit Lkw-Züge steuern und ganze Logistiksysteme miteinander verknüpfen. Spätestens dann könnte AlIlitar Jameels Traum in Erfüllung gehen. Er wünscht sich eine eigene Domain für Internetautos, bevorzugte Adresse: max.mustermann@gogo.cancom. -3
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Autos mit
lnternetanscllul
sollen in Zukunft ein, gemeinsame Domain-Riresse
bekommen.
Vorschlag:
max.muster
mannftuo
·o.car.com.
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Ein intelligentes Elektromobil findet den Weg nach Hause - das ist die Zukunftsvision eines japanischen Automobilgiganten: Der Computer lenkt, beschleunigt und bremst vollautomatisch und der Mensch braucht nur dann das Steuer in die Hand zu nehmen, wenn es wirklich notwendig ist, oder wenn er dazu Lust hat. Der Autopilot orientiert sich an Markierungen im Straßenbelag. Dieses Pilotprojekt läuft bereits in Tokyo im Praxistest. In Europa allerdings wagt noch niemand, dem Fahrer das Lenkrad aus der Hand zu nehmen. Unter dem Motto "freie Fahrt für freie Bürger" ist Auto fahren für viele immer noch ein Synonym für Freude und Freiheit, für Individualität und grenzenlose Mobilität, die man sich nicht beschneiden lassen will. Um dem wachsenden Verkehrskollaps Herr zu werden, beschränkt man sich vorsichtig auf den Ausbau von Überwachung und Leitsystemen. Überwachungskameras kontrollieren den Verkehr. Lasersensoren und verdeckte Zählmaschinen übermitteln Daten an die Zentrale, die sie über Leitsysteme an die Autofahrer zurückgibt.
Damit sollte es gelingen, den Straßenverkehr halbwegs flüssig zu halten und Staus und Unfälle zu vermeiden. Die Strategie heißt Verkehrsmanagement. Doch wie die Realität drastisch zeigt: In extremen Ausnahmesituationen reicht die heutige Verkehrsüberwachung nicht aus. Obwohl die Schuld an Unfällen meistens nicht nur an den Straßenverhältnissen liegt, denn jeder zweite Autobahn-Crash ist Folge von zu knappem Auffahren. Auf einer Autobahn in Bayern wird jetzt ein neues Unfall-Warnsystem getestet. Intelligente Leitpfosten signalisieren drohende Gefahr. Der Rhythmus der Blinksignale steigert sich mit der Nähe zum Unfallort. Doch nur sechs Prozent aller Unfälle passieren auf Autobahnen. Meistens kracht es im Ortsgebiet und auf kleineren Straßen. Europäische Autohersteller arbeiten daher an Sicherheitssystemen für das Fahrzeug selber, die nicht auf aufwendige Straßen-Installationen angewiesen sind. Das Auto der Zukunft soll ein bordeigenes Radarsystem haben, das den richtigen Abstand im fließenden Verkehr vermittelt. Es soll eine elektronische Hilfe für den Fahrer sein, die zu knappes Auffahren verhindert. Die ersten Geräte werden jetzt in der Praxis erprobt. Ein Radarsensor misst die Entfernung zum Auto davor. Wird der Abstand zu gering, reduziert die Technik automatisch die Fahrtgeschwindigkeit, nimmt Gas weg oder bremst. Bei Spurwechsel orientiert sich das Auto am Tempo des vorderen Fahrzeugs. Dieses System steht vor der Serienreife. Doch die Autofahrer scheinen nicht darauf zu warten. Laut einer deutschen Studie glauben sechzig Prozent, bei der elektronischen Abstandsregelung werde ihnen das Fahrzeug aus der Hand genommen. Fünfzig Prozent würden die Freude am Fahren verlieren und neunzig Prozent fordern eine jederzeitige Abschaltmöglichkeit der Geräte. Der Autofahrer akzeptiert nur elektronische Gehilfen, die ihn nicht entmündigen, wie den "intelligenten Rückspiegel". Radarsensoren am Fahrzeug beobachten den Verkehr auf beiden Seiten und im Rücken des Fahrers. Der Rückspiegel übermittelt die Informationen. Diese Technik stößt freilich bereits im Simulator an die Grenzen der menschlichen Möglichkeiten zur Verarbeitung von Information. Denn dadurch, dass man sich voll auf seinen "intelligenten Rückspiegel" konzentriert, kann es zu Unfällen kommen. Autofahren macht Spaß und ist Ausdruck von Freiheit - so die Theorie. Doch wenn tausende Menschen so denken und zugleich in den Urlaub aufbrechen, dann wird die vielzitierte "Freiheit auf vier Rädern" zur Farce. Allein in Österreich verursachen Staus jährlich einen volkswirtschaftlichen Schaden von hundert Milliarden Schilling. Das Ausweichen auf den öffentlichen Verkehr findet wenig Akzeptanz, denn man will sich nicht Fahrplänen und vorgeschriebenen Reiserouten unterordnen. Alles, was zählt, ist der Wunsch, selber zu fahren: wann, wohin, und wie schnell man will. Doch das wird mit wachsendem Verkehrsaufkommen immer schwieriger. Auch Tokyo - eine Megacity mit zwölf Millionen Einwohnern - sucht Wege aus dem Verkehrschaos. Eine Lösung soll in der Kombination von Massenverkehrsmitteln und umweltfreundlichen Elektromobilen liegen. Die futuristischen Autos finden selbständig ihren Weg durch die Stadt. Leitsystem und Fahrzeug haben bereits ihre ersten Praxistests bestanden. Die Grenzen von öffentlichem und individuellem Verkehr verschmelzen. Auch für den Massenverkehr sind computergesteuerte Systeme geplant. Eine Kombination aus Elektrobus und Bahn rollt bereits auf Gummireifen fahrerlos durch einen Stadtteil von Tokyo.
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"Blind date" - Blinde Menschen fahren Auto in Graz Eine Veranstaltung des ARBÖ Steiermark und des bfi EDV-Schulungszentrum mit Unterstützung des Porsche Clubs Graz und der AUVA. Blinde und sehbehinderte Menschen aus ganz Österreich konnten am Samstag, den 23. Juni 2001 einmal selbst Auto fahren. Der ARBÖ Steiermark und die Fahrschule Stummer stellten Lehrkräfte und Autos bzw. Motorräder zur Verfügung. Von Beschleunigungstests mit den Porsches über das Selberfahren in Begleitung eines Fahrschullehrers bis hin zum Mitfahren auf einer Gold Wing war alles möglich. Die Stadt Graz sorgte für die kostenlose Verpflegung und entsandte uns Herrn Stadtrat Siembürger. Auch Herr Landesrat Dörflinger überreichte im Rahmen dieses Events die Computerführerscheine an die Absolventen des ECDLs (European Computer Driving Licence) Einige Zielgruppenvertretungen aus Österreich haben bereits großes Interesse diese Veranstaltung in ihren Bundesländern durchzuführen. 50 sehbehinderte und blinde Menschen, die am Samstag, dem 23 Juni 2001 am „Park & Ride“ Parkplatz in Eggenberg ihr Fahrgefühl unter Beweis stellten, verließen am Abend diese Veranstaltung begeistert. Für diese 50 Menschen ging ein Traum in Erfüllung – einmal selber Autofahren. Ein herzliches Dankeschön an alle Mitwirkenden und dem Veranstalter im Namen der sehbehinderten und blinden Menschen Steiermarks.
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Britische Studie über "Ersatz-Sinn" eines blinden Mannes
Gehirnschaden ließ ihn die Fähigkeit, optische Signale zu verarbeiten, verlieren - dennoch scheint er Gesichtsausdrücke wahrzunehmen
London - Britische Forscher haben einen buchstäblich sechsten Sinn bei einem Blinden nachgewiesen, mit dem dieser Gefühle auf Gesichtern ablesen kann. Der 52-jährige Brite könne mit einem nicht für das Sehen zuständigen Teil seines Gehirns Emotionen wie Traurigkeit, Glück oder Angst erkennen, schrieben die Forscher von der Universität von Wales in ihrer am Sonntag im Fachmagazin "Nature Neuroscience" veröffentlichten Studie.
Zwei Herzinfarkte hatten den Teil im Gehirn des Mannes beschädigt, der normalerweise die eingehenden optischen Signale verarbeitet. Dadurch ist er vollkommen blind, auch wenn seine Augen und die Sehnerven funktionieren.
Mehr als nur geraten?
Unterschiede zwischen einem männlichen und einem weiblichen Gesicht oder zwischen Kreisen und Vierecken habe er nicht wahrnehmen können, schrieben die Psychologen in ihrer Studie. Dagagen habe er in 59 Prozent der Fälle richtig gelegen, wenn er sagen sollte, ob die ihm vorgehaltenen Gesichter Wut oder Freude ausstrahlten. Nach Angaben des Leiters der Studie, Alan Pegna, liegt diese Rate deutlich über der Trefferquote bei geratenen Aussagen. Auch Trauer oder Furcht habe er in der menschlichen Mimik erkennen können - nicht dagegen drohende oder friedfertige Ausdrücke bei Tieren.
Messungen ergaben, dass bei Vorlage der Gesichter der Teil des Gehirns aktiviert wurde, der für die Verarbeitung von non-verbalen Gefühlen zuständig ist. Das lege die Vermutung nahe, dass der Mann von den Augen aufgenommene Signale nicht im Sehzentrum verarbeite, sondern in anderen Teilen des Gehirns, schrieben die Wissenschafter. (APA)
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Cyberbraille:
Für Blinde soll die moderne Welt nicht mehr am Bildschirm aufhören - Blindenschrift für den Compter heißt das Stichwort, denn das Internet eröffnet neue Dimensionen. Ein neuartiges Lesegerät für Blinde übersetzt Buchstaben von Computerbildschirmen oder elektronischen Büchern in Braille, die erhabene Schrift aus sechs Punkten. Der Apparat, den Tüftler am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Maryland entwickelten, lässt die Punktschrift an einer rotierenden Walze wie ein Reifenprofil unter dem Finger des Lesers entlang ziehen. In der amerikanischen Hauptstadt Washington DC wird wieder einmal um die "Zukunft" gerungen. Diesmal dreht sich alles um das elektronische Buch. Auf der Fachmesse "eBook2000" diskutierten die Aussteller über nichts weniger, als ihre Absicht die "Grundlagen des Lesens" zu verändern. Die neuesten Innovationen versprechen die ungehinderte Teilhabe an der Informationskultur.
Selbst Gutenberg, so die Botschaft, würde heute auf elektronische Bücher setzen. Doch für viele blinde Menschen ist die schöne neue Welt der E-Books und des Cyberspace immer noch verschlossen. Akustische Übersetzungsprogramme können längst nicht mit Braille, der erhabenen Blindenschrift aus sechs Punkten, mithalten. Doch bis selbst einfachste Texte in Blindenschrift vorliegen, ist oft ein mühsames Übersetzen notwendig. Judy Dixon und Lloyd Rasmussen nutzen Braille jeden Tag. Sie lesen immer noch viel Braille aus traditionellen Quellen. Denn Texte aus Braille kommen bislang nicht aus dem Internet. Sie müssen zunächst durch einen Scanner gejagd werden, dann muss ein Braille-Übersetzungsprogramm gestartet werden. Dann erst kann der Text über einen Braille-Drucker ausgedruckt werden. Nun haben Tüftler am amerikanischen Institut für Normung NIST ein neuartiges Lesegerät für Blinde entwickelt. Text auf Computerbildschirmen wird damit konkurrenzlos günstig in Braille übersetzt.
Konventionelle Lesegeräte bauen Braille Zeile für Zeile auf. Die Mechanik ist kompliziert und fehleranfällig. Das Entwicklungsziel am NIST war daher eine radikale Vereinfachung der mechanischen Bauteile. Ein völlig neues Design musste entwickelt werden. Anstatt den Brailletext in einer Zeile darzustellen, wurde der Text auf den Rand einer Walze gebracht. Da sich die Walze dreht, erfühlt ein Blinder den Text fortlaufend unter seinen Fingerkuppen. Das ist eine fundamental neue und darüber hinaus billige Methode, Braille zu produzieren. Die Länge einer Zeile Brailletext wird so unendlich. Und das bei gleichzeitiger Reduzierung der Gerätegröße. Doch ein großes Ziel bleibt noch: Die Geräte sollen tragbar werden. Auf der "eBook2000" ist auch für die NIST-Ingenieure die Zukunft ein Stück näher gerückt. Zum ersten Mal stellten sie ihren neusten Prototyp einer kritischen Öffentlichkeit vor. Doch ein Prototyp ist eben noch kein Serienmodell. Die Feinmechanik ist ganz im Unterschied zu gängigen Braille-Lesehilfen auf ein Minimum reduziert worden
Den Entwicklern ist es gelungen, mit nur drei Kolben die einzelnen Punkte auf der rotierenden Walze zu steuern. Drei Kolben drücken 600 Metallstifte an die Oberfläche. So entsteht ein lesbares Profil. In Zukunft soll die rotierende Braille-Lesehilfe nur tausend Dollar kosten und nicht größer als ein CD-Walkman sein. Für Judy Dixon und Lloyd Rasmussen könnte ein solches Gerät die tägliche Arbeit erheblich erleichtern. Als Angestellte der amerikanische Kongressbibliothek sind beide dafür verantwortlich, die Bestände der Bibliothek blinden Menschen zugänglich zu machen. Eine tragbare Lesehilfe bedeutet mehr Mobilität. Doch die Benutzerfreundlichkeit muss noch entscheidend verbessert werden. Das Gerät muss noch viel schneller werden und den Nutzern die Möglichkeit geben, im Text zurückzugehen und eine Stelle noch einmal zu lesen. Viele Blinde sind heute von akustischen Systemen abhängig und erledigen ihre gesamte Korrespondenz phonetisch. Ihre Rechtschreibung leidet darunter, weil sie nicht genügend Braille zu lesen bekommen. Lesen bildet. Und für blinde Menschen erschließt sich erst durch die Punktschrift das Wissen der Welt - und in Zukunft auch der Blick in den Cyberspace.
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